Kissing

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Große Orgelkunst in St. Bernhard

08.06.2010 18:00 Uhr

Von Manuela Rieger

Kissing – Das Programm versprach zu Konzertbeginn „Eine Stunde der Freude”. So lautete der Titel des Konzertstückes von Marco Enrico Bossi (1861-1925) aus seiner Sammlung op. 132. Eine solche war der Auftritt von Thomas Friese in der Kissinger St.-Bernhards-Kirche dann auch wirklich. Es war eine Eröffnung in vollen Akkorden des sehr der deutschen Romantik verbundenen Italieners, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein gefeierter Orgelvirtuose war.

Thomas Friese hatte ein exzellentes Programm europäischer Orgelmusik zusammengestellt und spielte nach dem beschwingten Beginn zunächst das Choralvorspiel „Schmücke dich, o liebe Seele” aus J. S. Bachs Werksverzeichnis 654. Es ist ein Paradestück des Barock.

Weltweit aktiv

Neben seiner Konzerttätigkeit und Chorregentschaft in München gibt Thomas Friese Konzerte weltweit. Nun war er in Kissing in St. Bernhard zu erleben. Von einer Punktlandung konnte Orgelbauer Offner sprechen, wie Friese Werke des Barock, der Romantik und der Jetztzeit umsetzte. Das soll heißen, dass er in strenger Objektivität der Klanglichkeit den Vorrang einräumte. Friese lässt die Komponisten sprechen, während er sich selbst als Vermittler zu den Urhebern der Werke sieht.

Bach fand musikgeschichtlich seinen indirekten Fortgang mit Mendelssohns Choral mit Variationen „Wie groß ist des Allmächtigen Güte”. Der Organist entsprach dem allgemeinen Verständnis, dass Mendelssohn ein Mitspracherecht eingeräumt hat und ergab bei aller Zurückhaltung seiner Selbst ein effektvolles Klangbild. Doch vor Mendelssohn noch einen Abstecher nach Italien und Antonio Vivaldi. In Reminiszenz an Franz Lehrndorfer spielte Friese das Concerto in D, bekannt als Concerto grosso, das Lehrndorfer für Orgel bearbeitet hat. Mit drei kurzen Stücken von Carl Philipp Emmanuel Bach stellte der Organist Werke vor, die der Komponist für eine „Flötenuhr” geschaffen hatte, für ein automatisch betriebenes Instrument, das im 18. Jahrhundert eine Attraktion darstellte. Diese zweifellos an eine Spieluhr erinnernden Klänge waren dank ihrer musikalischen Vielfalt von außerordentlichem Reiz und ließen insbesondere zu Beginn und zum Schluss deutlich meditativ stimmende Elemente hörbar werden.

Tradition der Klarheit

Für diesen selten zu hörenden Programmpunkt war man ihm genau so dankbar wie für die „Symphony for organ” des Zeitgenossen Christopher Tambling. Mit großartiger Klangentfaltung war die fünfsätzige Symphonie zu hören. Das eingängige Werk besticht durch seine in der Tradition ruhende Klarheit ohne zu leugnen, eine Komposition unserer Tage zu sein, mit der Friese den dankbaren Beifall der Besucher entlockte.

Mit einer Zugabe bedankte sich der Gast aus München. Bei sommerlichen Temperaturen konnten die Konzertbesucher auf dem Kirchenvorplatz das Gehörte nachklingen lassen und dabei den Orgelwein und kreative Happen genießen, die von Mitgliedern und Freunden des Förderkreises der Kissinger Kirchenmusik vorbereitet und angeboten wurden.

Der Spendenerlös wird für die Restfinanzierung der Orgel verwendet, versprach Mesner und Organisator Oliver Kosel.