Wirkliche Lehrbeispiele für guten Chorgesang
Donnerstag, 4. November2004 – Nummer 256 – Buchloer Zeitung Kultur
Collegium Canticum brilliert im Haus der Begegnung
Buchloe – Das Collegium Canticum hat sich in den vielen Jahren seines Bestehens einen hervorragenden Ruf erworben. Das Ensemble besteht aus rund 25 Sängerinnen und Sängern, jede einzelne Stimme ist gut ausgebildet und auch solistisch einzusetzen, wie jüngst die Aufführung der Marienvesper von Meinrad Spieß in der Klosterkirche Irsee eindrucksvoll bewies. Nun trat das Collegium Canticum im Buchloer Haus der Begegnung auf.
Durchweg handelt es sich bei den Mitgliedern um sehr aktive Sänger, die ihre Tätigkeit nicht nur auf diesen einen Chor beschränken. Die Summe der Erfahrungen, die jeder Einzelne in das Collegium Canticum einbringt, ist hörbar groß. In einem so schlank besTetzten Chor darf kein Ton aus der Reihe gehen, muss jedes Detail noch präziser erarbeitet und aufeinander abgestimmt sein. Anders als in großen Chören, wo eine kleine Unsicherheit im Gesamtklang nicht unbedingt zu hören ist, verlangt ein kleiner Chor eine weit größere Einzeldisziplin.
In dieser Hinsicht, aber auch in puncto musikalischer Gestaltung ist man vom Collegium Canticum nur Bestes gewöhnt – es verwundert also nicht, dass das Konzert im Buchloer Haus der Begegnung zahlreiche Besucher anlockte.
Auf dem Programm standen Werke aus drei Jahrhunderten, die vielleicht eine typische Auswahl aus dem Repertoire des Collegiums darstellen: A-Capella-Chorgesang von LudwigSenfl (1486-1543) bis Josef Gabriel Rheinberger (1839-1901). Die drei Gesangsteile des Abends wurden unterbrochen von zwei Stücken aus dem op. 150 von Rheinberger sowie dem Abendlied op. 85,12 von Robert Schumann für Violine und Orgel. Solistin war, wie schon beim lrseer Konzert vor 14 Tagen, die junge Kaufbeurer Geigerin Julia Kuhn.
Die recht trockene, überaus direkte Akustik im neuen Haus der Begegnung erlaubte einen sehr genauen Eindruck vom Können Kuhns Ihre klanglichen Möglichkeiten sind gut, mitunter findet ihr Ton bereits zu einer gewissen Eigenständigkeit und — wenn auch noch verhaltenen – Innigkeit.
Mit Rheinbergers Modulationsreichtum, seiner zuweilen recht komplizierten Chromatik kam die Geigerin streckenweise weniger gut zurecht. Am geschlossensten gelang Schumanns Abendlied. Allerdings muss auch erwähnt werden, dass es nicht einfach für einen Musiker ist, mit drei so kurzen Stücken, unterbrochen von längeren Pausen, musikalisch in Tritt zu kommen
Das Collegium Canticum erreicht seine schönsten Qualitäten bei der Musik romantischen Zuschnitts aus dem 19. Jahrhundert. Beeindruckend gelangen drei Werke Carl Loewes oder auch Johannes Brahms’ „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz”, eine klangmächtige, differenzierte Chorfuge, die eine ganze Menge Können verlangt. Das waren wirkliche Lehrbeispiele für guten Chorgesang. Bleibt am Ende vor allem die Arbeit von Thomas Friese zu würdigen, der als Begleiter Kuhns am Orgelpositiv, vor allem aber als Dirigent und Studienleiter des Coilegiums maßgeblich für die Qualität und den Erfolg des Chores verantwortlich zeichnet. Viel Applaus für einen gelungenen Konzertabend.
Andre Krellmann
Die Brüder Friese spielten zum Jubiläum der Ott-Orgel in der Pfarrkirche St. Magdalena. OS